Rising Sun Project
Charvel Pro-Mod So-Cal Style 2 Refinish
Einführung
Manchmal braucht es einfach wieder ein richtiges Bastelprojekt. Etwas, das man noch nie gemacht hat.
Mitte 2024, kurz nachdem ich meiner aktuellen Band Hyperdrive beigetreten war, einer Gruppe, die Anime-, Game- und Filmmusik covert, hatte ich genau dieses Gefühl. Die Band hat einen starken japanischen Einfluss, und ich wollte eine Gitarre, die nicht nur klanglich, sondern auch optisch perfekt dazu passt.
Die Idee war geboren: Eine moderne Gitarre mit einem klassischen japanischen Touch, inspiriert von der Rising Sun-Optik, wie man sie aus der JDM-Autoszene kennt. Natürlich nicht die Kriegsflagge, sondern die historische Naval Flag. Ein Design mit Strahlkraft, aber ohne politische Brisanz.
Planung & Idee
Wie bei vielen meiner Projekte begann alles mit einer klaren Vorstellung im Kopf: Eine Gitarre, die die Energie und Ästhetik von Hyperdrive widerspiegelt. Anime, Games, Nintendo, also japanisch, verspielt und gleichzeitig technisch präzise.
Das zentrale Designmotiv stand schnell fest: die Rising Sun.
Das kräftige Scharlachrot der Sonne war gesetzt, doch die Frage war: Welche Farbe harmoniert damit, ohne zu aufdringlich zu wirken? Nach ein wenig Brainstorming und Photoshop-Magie entschied ich mich für Oxford Gray. Ein kühles, metallisches Grau, das an japanische Marineschiffe erinnert. Ein bewusster, technischer Kontrast zur warmen Holzoptik des Bodys.
Um dem Design Tiefe zu geben, wählte ich ein natürliches Binding, also eine feine unbehandelte Holzlinie zwischen den Farbebenen. Die Rückseite soll ein Clear Amber Finish erhalten, das die Maserung sichtbar lässt und einen warmen, harmonischen Gegenpol zur lackierten Vorderseite bildet.
Das Ergebnis war ein stimmiges Gesamtkonzept, das Moderne und Tradition, japanische Symbolik und Gitarrenbauästhetik vereint, meine persönliche Rising Sun So-Cal.
Konzept & Basis
Als Grundlage diente meine Charvel Pro-Mod So-Cal Style 2, ursprünglich in mattem Schwarz. Eine grossartige Gitarre mit moderner Ausstattung, ideal für High-Gain und präzises Spiel, aber optisch noch ziemlich unspektakulär.
Vor der Umsetzung mussten natürlich einige Fragen geklärt werden:
Soll nur die Flagge drauf oder gleich ein komplettes Refinish? Was passiert mit der Elektronik?
Die Gitarre kam mit aktiven Fishman Fluence Pickups. Technisch top, aber nicht mein Geschmack. Ich bevorzuge passive Pickups mit mehr Dynamik und klassischem Charakter.
Also: Fishmans raus. Doch sofort tauchte das erste Problem auf. Die Fishman-Fräsung hat einen grösseren Eckradius als Standard-Humbucker. Normale Pickups passen also nicht einfach hinein. Entweder muss ich also den Body nachfräsen oder passende Pickups finden.
Nach einiger Recherche fiel meine Wahl auf die Seymour Duncan Jeff Loomis Noumenon. Sie passen perfekt in die Fräsung und klingen überragend: moderne Alnico 8 Humbucker mit straffem Low-End, artikulierten Höhen und einem offenen, druckvollen Klangbild. Ein echter Glücksgriff, sowohl technisch als auch tonal und ich musste die Oberfräse nicht ansetzen, um den Eckradius zu ändern.
Umsetzung & Lackierung
Damit stand das Konzept fest: Komplett-Neulackierung mit NitorLack Nitrolack in einem zweifarbigen Design aus Oxford Gray und einer in scharlachroter Beize eingefärbten Rising Sun auf dem Top, mit dem natürlichen Holz als Hintergrund.
Die Rückseite bekam ein Clear Amber Finish, die Kanten ein Natural Binding. Ein kleines Detail, die das Instrument optisch deutlich aufwerten.
Die „Sonne“ entstand mit einer selbstgeschnittenen Schablone: ausgedruckt, mit dem Japanmesser (pun intended) ausgeschnitten und mit feinem Maskingtape millimetergenau abgeklebt.
Natürlich lief nicht alles glatt: Eine zu dicke Grundierung verursachte kleine Crackles beim Trocknen. Kurz Panik, dann viel Schleifarbeit. Am Ende fügten sich die feinen Risse jedoch perfekt in das leicht gealterte Finish ein, fast als wäre es so geplant gewesen.
Als abschliessendes Finish wählte ich einen NitorLack Relic Gloss Clearcoat. Das Besondere daran: Nach dem Trocknen und einer Kältebehandlung im Tiefkühler bildet sich feines Weather Checking. Jene charakteristischen Haarrisse, wie man sie von alten Vintage-Gitarren kennt.
Der gesamte Prozess von der Planung bis zur Umsetzung mit Schleifen, Beizen, Grundieren, Lackieren, Zwischenschliffe, Polieren, Zusammenbau und das Neuverdrahten der Elektronik zog sich von Dezember 2024 bis Mai 2025 wobei ich die meiste Arbeit im April 2025 durchgeführt habe, als ich nach einem Jobwechsel einen Monat freihatte und so endlich die Zeit, mich intensiv auf das Projekt zu konzentrieren.
Elektronik & Hardware
- Pickups: Seymour Duncan Jeff Loomis Noumenon (passiv, direkter Body-Mount)
- Switching: 3-Way Blade + Mini-Toggle für Coil Split
- Potis: CTS Master Volume & Master Tone mit 0.033 μF Russian PIO-Kondensator
- Bridge: Gotoh Custom 510 tremolo bridge
- Finish: Oxford Gray / Scarlet Red Beize / Clear Amber Rückseite
- Specials: Weather Checking, Natural Binding, Relic-Finish
Den Mini-Toggle für den Coil Split setzte ich in die Bohrung des früheren Voice-Switches der Fishmans. Ein sauberer Umbau ohne zusätzliche Löcher. Das restliche Setup blieb klassisch: 3-Way Blade, Volume, Tone. Schlicht, robust, effektiv.
Ergebnis & Fazit
Das war definitiv ein Projekt, das mich sowohl handwerklich als auch kreativ gefordert hat und genau deshalb eines meiner liebsten ist.
Nach unzähligen Stunden Schleifen, Lackieren, Nachdenken und Bangen war sie endlich fertig. Aus einer schlichten schwarzen So-Cal wurde ein einzigartiges Instrument, das modernes Design, japanische Symbolik und persönliche Handarbeit verbindet. Die Jeff Loomis Pickups liefern druckvolle, klare High-Gain-Sounds, lassen sich aber per Coil-Split wunderbar zähmen, perfekt für die Vielseitigkeit, die ich in Hyperdrive brauche.
Live habe ich sie zwar noch nicht gespielt, aber sie begleitet mich zu jeder Probe.
Sie klingt, wie sie aussieht: präzise, charakterstark und kompromisslos.






















